1921 kam Heinrich Tödtmann aus Kirchlind im Bergischen Land nach Oberbauerschaft zurück. Dort hatte er in einer Gruppe der Jugendbewegung seine Freude am Musizieren und Theaterspielen entdeckt. Dieses wollte er nun auch in seiner Heimat weiter entwickeln.
Heinrich Tödtmann gründete mit mehreren Jungen und Mädchen einen Singkreis, der mehrmals wöchentlich beim ihm zu Hause mehrstimmige Volkslieder einübte. Schon bald sangen sie bei besonderen Anlässen.
Doch dieses war ihm nicht genug. Im Selbststudium hatte er das Notenlesen und das Spielen von Klarinette, Mandoline und Harmonium gelernt. Er regte bei seinen damaligen Sängern an, sich Mandolinen und Gitarren zu kaufen. So wurde der Singkreis zu einem Mandolinenverein, der schon bald aus 20 Musikern bestand und nach kurzer Zeit in der Lage war, vierstimmige Sätze zu spielen. Der Mandolinenverein wurde zu Hochzeiten und Vereinsfeiern eingeladen und erfreute viele Menschen mit seiner Musik.
Doch Heinrich Tödtmann wollte noch mehr. Er träumte von einem richtigen kleinen Blasorchester. Einige der Mitglieder des Mandolinenvereins gehörten ebenfalls dem Posaunenchor an und hatten somit schon Übung im Hornblasen.
Leider bedeutete die Gründung eines Blasorchester auch ebenfalls die Auflösung des Mandolinenvereins, doch die Kameradschaft wurde durch gemeinsames Wandern, Singen und Theaterspielen weiter aufrecht erhalten.
Der Gedanke, eine Blaskapelle zu gründen kam von Heinrich Tödtmann.
Doch dieses dann auch in die Tat umzusetzen, war in der damaligen Zeit nicht einfach. Die Kosten für die Instrumente ( 8 Holz- und Blechblasinstrumente, sowie ein Schlagzeug sollten 1000,-DM kosten) waren sehr hoch. Im Frühjahr 1927 wurde in Sträters Zigarrenfabrik überlegt, wie das Geld zusammengebracht werden sollte.
Man wandte sich im Mai 1927 an die freiwillige Feuerwehr Oberbauer- schaft und bat um Unterstützung .Es wurde der Antrag auf die Gründung einer Feuerwehrkapelle gestellt. Zunächst wurde der Antrag von Seiten der Feuerwehr verschoben, doch im zweiten Anlauf, am 11.Juli 1927 wurde man sich einig. Der Vorstand der Feuerwehr und die Mitglieder der Kapelle kamen überein, eine Feuerwehrkapelle zu gründen und die Instrumente sofort anzuschaffen. Jedes Feuerwehrmitglied verpflichtete sich, der Kapelle 10,- DM zu leihen. Als die Instrumente angekommen waren, wurde sofort mit der Probe in der Schneiderstube von Wilhelm Röwekamp begonnen.
Heinrich Tödtmann übernahm die Leitung der Kapelle und unterrichtete auch die einzelnen Musiker. Die Gründungsmitglieder waren Carl Schläger, Friedrich Sträter, Fritz Brinker, Wilhelm Röwekamp,
Christian Rullkötter, Gustav Rullkötter, Wilhelm Hartmann, Wilhelm Bohlmeier, Wilhelm Bönker, Willi Berkemeier, Friedrich Heimsath und natürlich Heinrich Tödtmann. Ihrem Engagement ist es zu
verdanken, das wir in diesem Jahr unser 75 jähriges Jubiläum feiern können. Ihren ersten Auftritt hatte die Feuerwehrkapelle im Winter des Jahres 1928. Da marschierte man mit Marschmusik zum
Feuerwehrhauptmann Heinrich Fründ und brachte ihm ein Ständchen. Die ersten Stücke, die die Kapelle zu Gehör brachte waren : der Torgauer Marsch, der Hohenfriedberger Marsch und der Marsch
Preußens Gloria.
Heinrich Tödtmann
Willi Berkemeier
Fritz Sträter
Fritz Heimsath
Wilhelm Hartmann
Wilhelm Röwekamp
Karl Schläger
Fritz Brinker
Wilhelm Bönker
Gustav Rullkötter
Willi Bohlmeier
Christian Rullkötter
Dirigent, Tenorhorn in B, später Kornett in B
Pikkolo-Flöte
Klarinette in Es
Klarinette in B
Trompete in B
Trompete in B
Trompete in B
Althorn in Es
Tenorhorn in B
Tuba in B, später Bariton
Kleine Trommel
Große Trommel
Die ersten Jahre waren für die Kapelle recht schwere Jahre. Das Repertoire musste erweitert werden und für neue, interessierte Leute mussten weitere Instrumente angeschafft werden. Doch die Musiker probten eifrig weiter und bald wurde man in der Umgebung auf diese Gruppe aufmerksam. Sie wurde zu Vereinsfeiern, festlichen Anlässen und zu Tanzabenden verpflichtet. Diese gefiel nicht allen Musikern, doch die Einnahmen wurden benötigt, um die Schulden bei der Feuerwehr und anderen Gönnern vorzeitig zurückzuzahlen.
Geübt wurde seid dem Jahre 1929 im sogenannten „ Backs“, einem kleinen Holzhaus, im Garten von Wilhelm Hohmeier, der dieses für eine jährliche Pacht von 50 RM zur Verfügung gestellt hatte.
Im Jahre 1933 kamen, durch den politischen Machtwechsel bedingt, die nächsten Probleme auf die Kapelle zu. Die Reichsmusikkammer machte große Schwierigkeiten wegen fehlender Musiziergenehmigungen und verbotener Auftritte und drohte mit einem Verbot der Kapelle. Erst ein gratis geblasenes Platzkonzert mit anschließendem Durchmarsch von Tengern aus über Schnathorst, Holsen, Hüllhorst zurück nach Tengern zu einer Kundgebung mit einem Reichstagsabgeordneten als Redner, überzeugte die Verantwortlichen.
Auf Geheiß von oben wurde das gute Verhältnis der Kapelle zur freiwilligen Feuerwehr unterbrochen.
Am 12. Oktober 1935 kam die endgültige Lösung der Kapelle von der Feuerwehr. Dazu steht im Protokollbuch der Freiwilligen Feuerwehr Oberbauerschaft : „ Die Kapelle erhält am 1. Oktober 1935 als Abschluss 37,50 RM. Wegen der vorhandenen Schwierigkeiten wird die Kapelle bis auf weiteres von der Wehr gelöst, zum Bedauern aller. Jeder zahlt im Geschäftsjahr einen Betrag von 1 RM. Dafür erbietet sich die Kapelle, bei passender Gelegenheit (Ausflug, Kameradschaftsabend u. a. m.) zur Verfügung zu stehen.“
Auch andere Probleme kamen auf die Kapelle zu. Die Bremer Papierfabrik in Lübbecke (Europa Carton) gründete eine Betriebskapelle. Heinrich Tödtmann übernahm deren Leitung und viele Musiker gingen mit ihm. Sie blieben zwar zusätzlich der Dorfkapelle erhalten, doch es wurde immer schwerer bei Auftritten die Spielfähigkeit zu erhalten.
Die Leitung der Kapelle Oberbauerschaft übernahm der langjährige stellvertretende Dirigent Fritz Tödtmann. Ihm ist es zu verdanken, das trotz aller Umstände man allen Verpflichtungen gerecht werden konnte.
Doch mit Beginn des zweiten Weltkrieges musste ein Mitglied nach dem anderen Soldat werden. Die Lage wurde sehr schwierig, doch die wenigen zurückgebliebenen musizierten bis weit in die 40er Jahre.
Nach dem zweiten Weltkrieg war der Wiederaufbau sehr schwierig:
Viele Mitglieder und Freunde waren im Krieg gefallen, vermisst oder in Gefangenschaft. Von den teuren Instrumenten waren viele abhanden gekommen oder stark beschädigt. Im Herbst des Jahres 1945 fand sich eine kleine Schar Heimgekehrter und zu Hause gebliebener mit Schifferklavier, einigen Blasinstrumenten und Schlagzeug zusammen, um die Probenarbeit wieder aufzunehmen. Die Leitung übernahm zu dieser Zeit Wilhelm Rullkötter, der auch heute noch dem Orchester als Dirigent zur Verfügung steht.
1947 wurde dann auch noch das Schlagzeug aus dem neuen Proberaum bei der Gastwirtschaft Karl Siekmeyer gestohlen.
Die Instandhaltung, bzw. Neuanschaffung gebrauchter oder neuer Instrumente gestaltet sich eh sehr schwierig. In einer Zeit, wo die Familien kaum selbst genug zu essen hatten, war kein Geld für diese Dinge über. In dieser Zeit ist dem damaligen Kassenwart Willi Heuer vieles zu verdanken. Überwiegend aus seinen eigenen Vorräten stiftete er Getreide, Eier und Speck, um Ersatzteile für die Reparaturen beim Instrumentenbauer Hase in Bünde zu beschaffen. Der Fürsprache von Dorothea Prinzessein zur Lippe-Weißenfels ist es zu verdanken, das man für das gestohlene Schlagzeug einen Ersatz aus alten Wehrmachtsbeständen erhielt.
Durch die schlechte Finanzielle Lage des Vereins bedingt spielte man wieder häufig auf Zeltfesten und anderen Tanzvergnügen.
Der Name „ Dorfkapelle Oberbauerschaft „ erschien zum ersten Mal schriftlich am 01.März 1951, als sich der Verein eine neue Satzung gegeben hat.
Dirigiert wurde die Dorfkapelle Oberbauerschaft eigentlich immer von Musikern aus den eigenen Reihen.
Seid der Gründung von Heinrich Tödtmann. Von ihm übernahm Fritz Tödtmann dann dieses Amt, bis zum Auseinanderfallen bedingt durch den zweiten Weltkrieg. Beim Wiederaufbau hat sich Wilhelm Rullkötter ausgezeichnet, der mit zwischenzeitlicher Unterbrechung bis heute Dirigent der Dorfkapelle ist.
In der Unterbrechungszeit hat zuerst Martin Obermeier die Leitung übernommen, anschließend bemühte sich Jürgen Meister um die musikalischen Belange des Orchesters.
Ein kurzes Gastspiel gab 1992 Christian Gottwald, der einzige Dirigent, der nicht aus den Reihen der Dorfkapelle stammte.
In 1993 übernahm dann Willi Rullkötter wieder das Zepter.
In Jubiläumsjahr 2002 hat unser „Willi“ den Dirigentenstab an Jörg Niederbudde übergeben. Diesen hat er leider nur kurzfristig behalten, da sich sein Beruf nicht mit unseren Terminen und Proben vereinbaren lies.
Im Jahr 2003 hat Maik Bönker, ebenfalls aus den eigenen Reihen stammend, die musikalische Leitung der Dorfkapelle Oberbauerschaft übernommen. Er hat das Repertoire erweitert, ist dabei unserer Grundlinie treu geblieben und hat das Orchester musikalisch weiterentwickelt.
Ihm zur Seite stehen Jörg Niederbudde als stellvertretener Dirigent und Frank Kröger, der sich auch in der Ausbildung des Nachwuchses sehr engagiert.